Einführung und Grundlagen
Website: | iBoB Leitfaden zur Barrierefreiheit |
Kurs: | Barrierefreie Dokumente erstellen |
Buch: | Einführung und Grundlagen |
Gedruckt von: | Guest user |
Datum: | Freitag, 4. Oktober 2024, 16:02 |
1. Einführung
Wie bei jedem Erlangen neuer Kenntnisse gehören auch in diese Anleitung ein paar grundlegende Aspekte zum Verständnis. Sie können diesen Abschnitt aber auch überspringen und direkt zum Leitfaden übergehen. Dieser ist durch Beispiele und Bilder bewusst anschaulich und einfach gehalten.
Willkommen im Kurs
Heutzutage ist der universelle und uneingeschränkte Zugang zu Dokumenten alltäglich geworden. Insbesondere PDF Dokumente haben den Charakter, schnell und einfach erzeugt werden zu können, bei jedem gleich auszusehen und überhaupt von jedem gelesen werden zu können. Ob zur Verteilung von Druckstücken oder Formularen überall werden PDF Dokumente umfassend genutzt, um die verschiedensten Inhalte bereitzustellen.
Nicht alle Menschen können von diesem selbstverständlichen Zugang profitieren. Insbesondere Menschen mit Behinderung sind oft mit unzugänglichen PDF Dokumenten konfrontiert. Ein Beispiel: Ein blinder Mensch kann eine eingescannte Abschrift ohne entsprechende Vorkehrungen nicht lesen, auch wenn diese nach PDF gewandelt wurde.
In diesem Kurs möchten wir Ihnen eine Anleitung geben, wie Sie Ihre Dokumente so erstellen, dass diese für mehr Menschen zugänglich sind. Darüber hinaus soll ihr Arbeiten langfristig effektiver und effizienter werden. Die Anleitung konzentriert sich auf Microsoft Office Word 2013. Eine Anleitung für Word 2007, finden Sie in einer früheren Version dieser Anleitung. Die erwähnten Konzepte, Hilfestellungen und Tipps können Sie natürlich unabhängig von der genutzten Version verwenden.
Diese Anleitung basiert auf der Broschüre "Barrierefreie Dokumente I - Anleitung zur Erstellung barrierefreier PDF Dokumente aus Word", erstellt von der Professur Mensch-Computer-Interaktion an der TU Dresden.
Grundlagen
Wie bei jedem Erlangen neuer Kenntnisse gehören auch in diese Anleitung ein paar grundlegende Aspekte zum Verständnis. Sie können diesen Abschnitt aber auch überspringen und direkt zum Leitfaden übergehen. Dieser ist durch Beispiele und Bilder bewusst anschaulich und einfach gehalten.
1.1. Visuelle Barrieren
Ohne entsprechende Kenntnisse hat man schnell Dokumente erstellt, welche Menschen mit visuellen Einschränkungen Probleme machen.
In erster Linie reden wir von blinden Menschen oder Menschen mit einer Sehbehinderung, wobei Letzteres wohl die häufigste Einschränkung bei der Arbeit mit dem Computer ist, gleichzeitig aber auch die vielseitigsten Ausprägungen haben kann.
Beide Gruppen haben aber gemeinsam, dass rein visuelle Informationen nicht oder nur teilweise wahrgenommen werden können.
Sehende Menschen unterscheiden Überschriften von anderem Text visuell, blinde Menschen rein strukturell, indem Sie darüber informiert werden, dass es sich um eine Überschrift handelt. So verhält es sich auch mit vielen anderen Textelementen, wie Absätze, Listen, Verweise, Tabellen, Verzeichnisse. Menschen mit einer Seheinschränkung können meist noch einige Informationen visuell wahrnehmen, brauchen dabei aber oft Unterstützung durch Vergrößerung oder mehr Kontrast.
1.2. PDF/UA- Einführung
Digitale Dokumente lassen sich mit dem Portable Document Format (PDF) einfach, zuverlässig und in originalgetreuer Form verbreiten und teilen. Dabei ist das Format aus seiner Vergangenheit heraus eher auf die Erhaltung des druckähnlichen visuellen Eindrucks ausgelegt als auf die Erhaltung der zugrundeliegenden Inhalte. Dies schafft immer wieder Barrieren für Leser, die auf die digitale Zugänglichkeit der enthaltenen Inhalte angewiesen sind.
Der Standard ist dabei mehr auf die technischen Aspekte ausgerichtet und enthält keine Anleitung zur praktischen Anwendung der geforderten Maßnahmen und Möglichkeiten. Es soll jedoch durch die Unterstützung des Standards gewährleistet werden, dass Programme zur Erstellung von PDF Dokumenten barrierearme bis barrierefreie Dokumente erzeugen können, ohne Spezialwissen des Benutzers vorauszusetzen.- Bedeutungstragende Inhalte müssen von Schmuckelementen (Artefakten) getrennt werden und als solche gekennzeichnet sein.
- Die bedeutungstragenden Elemente müssen in einen Strukturbaum eingeordnet sein und dabei die Beziehungen zueinander widerspiegeln (z.B. Gruppierungen, etc.).
- Dieser Strukturbaum soll die logische Leserreihenfolge des Dokumentes widerspiegeln.
- Informationen dürfen nicht nur über rein visuelle Eigenschaften vermittelt werden. Somit sind auch Bilder und Grafiken mit alternativen textuellen Beschreibungen zu versehen.
- Die Navigation im Dokument muss ermöglicht werden.
Auf die visuelle und gestalterische Erhaltung ausgelegt, bietet PDF darüber hinaus die Möglichkeit, die im Dokument enthaltenen Inhalte durch entsprechende Kennzeichnung zu strukturieren, zu vervollständigen oder zu erweitern. Dies ermöglicht es Lesern, die nicht oder nicht ausschließlich am visuellen Ausdruck interessiert sind, den Inhalt in vollem Maße zu erschließen und selbständig zu nutzen.
Dazu werden sogenannte Tags – Standardauszeichnungselemente, die einen Hinweis auf den enthaltenen Inhalt oder dessen Funktion geben – in das Dokument eingefügt. Diese können dann von assistiven Technologien zur Ausgabe und Aufbereitung der Dokumenteninhalte genutzt werden.
Um es möglichst vielen Menschen zu ermöglichen, uneingeschränkt PDF Dokumente zu lesen, wurde 2012 der weltweite Standard ISO 14289-1, besser bekannt als PDF/UA erarbeitet. UA steht dabei für Universal Accessibility, was universelle Barrierefreiheit bedeutet.
Es werden folgende Bedingungen für PDF U/A konforme Dokumente festgelegt:
Der PDF/A Standard, den viele Anwendungen unterstützen, hat nichts mit Accessibility, also Zugänglichkeit, zu tun, sondern steht für PDF Archive und soll die Langzeitspeicherung von Dokumenten unterstützen. Als eine Vorgängerversion von PDF/UA kann das sogenannte Tagged PDF gesehen werden, welches aber selbst keinen ISO-Standard darstellt.
1.3. Struktur im Dokument
Es ist folglich wichtig, beim Erstellen von Dokumenten darauf zu achten, dass Sie die Inhalte nicht nur rein visuell aufbereiten, sondern einzelnen Elementen eine semantische Bedeutung zuordnen. Am besten geht dies mit den Formatvorlagen. Dabei handelt es sich um Muster für Überschriften, Absätze, Listen, Tabellen u.a.
Weist man einem Text die Formatvorlage Überschrift zu, bekommt dieser ein einheitliches Aussehen im Dokument zugeordnet. Außerdem erhält dieser Text tatsächlich auch die entsprechende Bedeutung.
Verwenden Sie Formatvorlagen für Ihre Textelemente und die Basis für Ihr zugängliches Dokument ist bereits gegeben. Jedes Dokument verfügt über Standardvorlagen für die einzelnen Textelemente, die Sie aber auch ganz individuell an Ihre optischen Ansprüche anpassen können. Wie Sie im Detail Formatvorlagen für Ihre Dokumente anpassen, ist nicht Bestandteil dieser Anleitung.
Formatvorlagen in MS Word befinden sich unterhalb des Registers Start in der gleichnamigen Gruppe.
Start > Formatvorlagen
Diese Darstellung kann allerdings schnell unübersichtlich werden, vielleicht finden Sie sogar in dieser sogenannten Liste für Schnellformatvorlagen nicht das Passende. Wenn Sie unten rechts in der Gruppe auf das kleine Pfeilsymbol klicken, öffnet sich eine übersichtliche Darstellung aller im Dokument verfügbaren Vorlagen.
Formatvorlagen > Symbol unten rechts
Um eine Formatvorlage auf einen Textabschnitt oder eine Überschrift anzuwenden, markieren Sie einfach den Text und klicken auf die gewünschte Vorlage.
1.4. Hilfen im Arbeitsbereich
MS Word bietet Ihnen verschiedene Ansichten an, um Sie bei der Arbeit an Ihrem Dokument zu unterstützen. Für unsere Zwecke ist neben der Standardansicht Seitenlayout in erster Linie die Ansicht Gliederung von nutzen:
Registerkarte Ansicht > Dokumentansichten > Gliederung
Das Dokument im Beispiel beginnt mit einer Überschrift (Ebene 1), gefolgt von einem Textabschnitt (Textebene). Danach folgt wieder eine Überschrift (Ebene 1) und ein Text (Textebene). Unterhalb des zweiten Textabschnittes befindet sich eine Aufzählung (Textebene). Das Wissen über diesen Aufbau hilft blinden Menschen die Zusammenhänge im Dokument zu erkennen - also das, was sehende Menschen rein visuell machen.
In dieser Ansicht können Sie das überprüfen, was für Ihr zugängliches Dokument tatsächlich relevant ist, der logische und gute strukturelle Aufbau.
Das Wissen über diesen Aufbau hilft blinden Menschen die Zusammenhänge im Dokument zu erkennen - also das, was sehende Menschen rein visuell machen.
Registerkarte Gliederung > Gliederungstools > Gliederungsebene
kann nicht nur die aktuelle Ebene abgelesen, sondern auch angepasst werden.
Als Alternative zur Gliederungsansicht kann auch der Navigationsbereich eingeblendet werden:
Kartenreiter Ansicht > Bereich Anzeigen > Navigationsbereich
Im daraufhin am linken Rand des Anwendungsfensters öffnenden Aufgabenbereich Navigation kann zumindest die korrekte Auszeichnung und Verschachtelung der Überschriften überprüft werden.
Dieser Bereich ermöglich genau das, wozu die korrekten Auszeichnungen der Überschriften mit Formatvorlagen dienen soll – der Navigation im Dokument und das einfache Anspringen von Abschnitten.